Thüringen wirbt offensiv damit, ein Land zu sein, in dem Familien ein attraktives Umfeld vorfinden. Und viele Thüringer empfinden das so - doch sie sind längst nicht mit allem zufrieden.
Etwa 43 Prozent der in Thüringen lebenden Familien sind einer Befragung zufolge zufrieden mit den Lebensbedingungen im Freistaat - sie schätzen sie als "sehr familienfreundlich" oder "eher familienfreundlich" ein. Dies sei angesichts des vergleichbaren Wertes für ganz Deutschland ein beachtliches Ergebnis, sagte Sozialministerin Heike Taubert (SPD) am Dienstag bei der Vorstellung des zweiten Thüringer Familienberichtes ihres Ministeriums.
Mit der Familienfreundlichkeit in Deutschland sind 18 Prozent der in dieser Studie Befragten zufrieden. Als einen Grund für die hohe Zufriedenheit der Familien im Land nannte Taubert die guten Angebote zur Kinderbetreuung.
Ihr unmittelbares Wohnumfeld bewerten sogar rund 67 Prozent der 16.000 Befragten entsprechend. Gleichzeitig gaben aber fast zwei Drittel der befragten Paare mit Kindern an, Familie und Beruf ließen sich nur mit viel Energie und Geschick vereinbaren. Bei Alleinerziehenden lag dieser Wert sogar bei mehr als 72 Prozent.
Zugleich warnte Taubert vor überzogenen Erwartungen an die Möglichkeiten des Staates, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu beeinflussen. "Ich denke, der Staat kann an dieser Stelle auch nicht alles leisten." Dass es in Thüringen für fünf von sieben Wochentagen, für je elf Stunden täglich einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung gebe, stelle bereits eine sehr weitgehende Unterstützung für Familien dar. Familie und Beruf zu vereinbaren, sei schon immer eine Herausforderung gewesen, die viel Energie koste.
Kinderbetreuung sollte noch flexibler gestaltet werden
Um Thüringen noch attraktiver zu machen, wünschen sich fast 90 Prozent der Befragten familienfreundlichere Öffnungszeiten von Ämtern und Behörden sowie mehr Sondertarife für Familien in öffentlichen Verkehrsmitteln. Auch glauben mehr als 80 Prozent, dass Kinderbetreuung noch flexibler gestaltet werden müsste. Drei von vier Studienteilnehmern wollen mehr Ganztagsbetreuung an Schulen.
Aus der Opposition kritisierte das Papier und seine Ergebnisse. Der Bericht offenbare das Scheitern der Thüringer Familienministerin, sagte der FDP-Abgeordnete Marian Koppe. Es müsse eine weitere Flexibilisierung der Öffnungszeiten der Kindergärten geben. "Was nützen einer Krankenschwester Kita-Öffnungszeiten von 7 bis 18 Uhr, wenn um 6 Uhr die Frühschicht im Krankenhaus beginnt?"
Anja Siegesmund von den Grünen bemängelte vor allem den Zeitpunkt der Vorlage des Berichts. Das Papier sei zu spät vorgelegt worden, so dass es nicht mehr im Landtag vor der Neuwahl diskutiert werden könne. "Ein vielsagender Abschluss einer verlorenen Legislatur für Thüringer Familien." dpa/lb