Landtag

Erfurt. Innenminister Jörg Geibert (CDU) sieht seine Verpflichtungen aus dem Koalitionsvertrag mit der SPD seit Freitag erfüllt. Das Parlament in Erfurt hat die Novelle des Beamtengesetzes und die Neufassung des Verfassungsschutzgesetzes in erster Lesung beraten. Sollte der Landtag das Verfassungsschutzgesetz wie vorgelegt beschließen, wären das die wichtigsten Neuerungen beim Thüringer Nachrichtendienst:

1. Der Verfassungsschutz wird direkt in das Innenministerium eingegliedert. Trotzdem soll das Amt selbstständig bleiben. Dieser Schritt würde die Informations- und die Personalpolitik erleichtern.

2. Geplant ist eine völlig eigenständige "Stabsstelle Controlling" beim Verfassungsschutz. Deren Leiter, der die Ausbildung zum Richter haben muss, soll alle nachrichtendienstlichen Einsätze, wie beispielsweise die Arbeit von V-Leuten oder Observationen auf ihre Rechtmäßigkeit prüfen.

3. Beim Verfassungsschutz gelten künftig genaue Regeln für V-Leute. So dürfen diese nicht mehr von den Geldleistungen für ihre Spitzeldienste leben können. Zudem müssen V-Mann-Führer wechseln und die Spitzel dürfen keine Straftaten begehen oder in Führungspositionen der zu beobachtenden Organisationen aufsteigen.

4. Der Verfassungsschutz ist verpflichtet, Staatsanwaltschaft und Polizei beim Bekanntwerden von Straftaten grundsätzlich zu informieren.

5. Die Rechte der parlamentarische Kontrollkommission (PKK) werden deutlich gestärkt und erweitert. So soll eine Geschäftsstelle entstehen, um die Arbeit zu koordinieren.

Minister Geibert erklärt mit Blick auf den Koalitionspartner SPD, dass der Verfassungsschutz auch künftig präventiv tätig sein wird. Und er weist Äußerungen zurück, wonach sich die Aufgaben des Amtes nur noch auf "gewaltbereite" extremistische Bestrebungen konzentrieren sollen.

SPD-Innenexperte Heiko Gentzel hält dagegen und betont, dass ein geplanter Beirat für den Verfassungsschutz nicht mehr im Gesetz steht. Am Nachmittag sekundiert ihm Sozialministerin Heike Taubert (SPD): "Bildungsarbeit ist nicht Aufgabe des Verfassungsschutzes". Sie zeigt sich entsetzt, dass Geibert "künftig im Verfassungsschutzamt Präventions- und Bildungsarbeit ausweiten" wolle. Das sei im Kabinett in der Vorwoche anders vereinbart worden, so die Ministerin.

Rechtmäßigkeit einer Regelung bezweifelt
Dirk Adams (Grüne) hakt auch noch einmal nach, und wirft der SPD vor, den Bürgerinitiativen die Unwahrheit zu sagen. Es stimme nicht, dass der Verfassungsschutz nicht mehr im Bereich Prävention arbeite. Adams verteidigt gegenüber der Linkspartei das Konzept der Grünen, den Thüringer Verfassungsschutz komplett auflösen zu wollen und dann neu zu gründen - aber ohne V-Leute.

Dem Innenminister wirft er vor, dass dessen Gesetzentwurf kein wirklicher Neuanfang sei.
Die FDP bezweifelt, ob alle Formulierungen überhaupt der Verfassung entsprechen. Ein Paragraf ermögliche, dass der Nachrichtendienst für die Polizei Wohnungen überwachen könne, kritisiert Marian Koppe .

Geibert verteidigt die Regelung für Fälle, bei denen unmittelbar Leben bedroht sind.
Keine Zweifel ließ Frank Kalisch von der Links-Partei am Ziel, den Verfassungsschutz aufzulösen. Wenn möglich, "unter den Bedingungen veränderter Konstellationen im Herbst". Die Linke hofft nach der Landtagswahl auf Regierungsverantwortung und will den "Verfassungsschutz neu denken und schließlich auch bürgerrechtsfreundlich, demokratisch und vor allem geeignet in Thüringen etablieren", sprich auflösen.

Auch der nächste Koalitionszoff zwischen CDU und SPD scheint vorprogrammiert: Heiko Gentzel betont, dass die SPD über Änderungen am Gesetzesentwurf erst nach einer Expertenanhörung entscheiden will. Zustimmung klingt anders.

Kai Mudra

22.03.2014 Thüringer Allgemeine Zeitung