Der damalige V-Mann Kai-Uwe Trinkaus sei schwierig und die Führung des Rechtsex­tremisten eine "fortlaufende, durchaus anstrengende Gratwanderung" gewesen.

Erfurt.Die Schilderungen des damals zuständigen Referatsleiters beim Landesamt für Verfassungsschutz über den einstigen Informanten gaben am Montag, 6. Januar, vor dem Untersuchungsausschuss des Landestages nur einen ersten kleinen Einblick.
In Wirklichkeit dürfte der umtriebige ehemalige Erfurter NPD-Chef für den ohnehin oftmals überfordert wirkenden Geheimdienst schwer bis gar nicht zu kontrollieren gewesen sein. Als Trinkaus dann am späten Nachmittag selbst stundenlang vor dem Ausschuss Rede und Antwort stehen muss, wird schnell klar: Hier präsentiert sich ein Neonazi als Wolf im Schafspelz.

Trinkaus ginge rein äußerlich locker als Abgeordneter durch: die dunkelblonden Haare brav gescheitelt, akkurater Dreitagebart, Brille, graues Sakko mit roter Krawatte, eine braune Aktentasche in der Hand. Doch nicht nur optisch passt er nicht in das einst gängige Bild des tumben Rechtsextremisten. Denn der Diplom-Ökonom ist rhetorisch beschlagen, hat nach dem Abi an der Militärhochschule studiert. Ähnlich wie der Linke-Abgeordnete Frank Kuschel , wie er ein wenig hämisch anmerkt.

Der Mann mit dem gepflegten Äußeren und der braunen Ideologie und ist schwer zu fassen. Einst war er selbst in der SED, die dann zur PDS wurde. Ging anschließend in die NPD und später in die DVU. Als die Ausschussvorsitzende Evelin Groß (CDU) nach seinen Beweggründen für den ungewöhnlichen Wechsel vom linken ins rechtsextreme Lager fragt, entgegnet er: Die ideelle Spannweite beider Parteien sei nicht weit auseinander. Das habe auch der verstorbene bayerische CSU-Ministerpräsident Franz Josef Strauß erkannt. "Ähnlich sehe ich das auch", sagt Trinkaus.

Und warum hat er sich im Sommer 2006 an den Verfassungsschutz gewandt? Spielte dabei Geld eine Rolle? Schließlich waren seine Bau- und Immobiliengeschäfte nicht immer sonderlich erfolgreich und brachten ihn auch bereits mit dem Gesetz in Konflikt. Den Akten nach soll er 15.000 Euro von seinem V-Mann-Führer verlangt haben.

Nein, das Monetäre habe nicht im Vordergrund gestanden, beteuert Trinkaus. Es sei "eine Mischung aus Neugier, politischer Naivität und persönlichen Gründen gewesen". Auf die Frage von FDP-Mann Marian Koppe , wie viel Geld er denn erhalten habe, hat der redegewandte 47-Jährige plötzlich eine Gedächtnislücke. "Daran erinnere ich mich nicht."

"Kaffeeklatschrunden"

Eitel und überheblich berichtet der Rechtsextremist von den Treffen mit seinen V-Mann-Führern, die er als "Kaffeeklatschrunden" und "Gespräche unter studierten Leuten" beschreibt. "Die Chemie stimmte schon." Seine Quittungen für Spitzeldienste unterzeichnete er wahlweise­ mit Erich Honecker­, Papst Benedikt, Dieter Althaus oder Christian Köckert .

Seine Diskreditierungsversuche unter anderem von Abgeordneten der Linken und der SPD sieht er nicht als solche an. Dass NPD-Parteifreunde Parlamentarier als Praktikanten unterwandern wollten, will er nicht initiiert haben.

Und daran, dass er eine CD mit Fotos dem Verfassungsschutz übergab, erinnert Trinkaus sich erst, nachdem ihm ein Aktenvermerk dazu vorgelesen wird. Die Fotos stammten von der durch Rechtsextremisten geraubten Kamera eines ehemaligen TLZ-Mitarbeiters, der von Neonazis im Jahr 2007 während einer 1.-Mai-Demo zusammengeschlagen worden war.

07.01.2014 TLZ - Thüringer Landeszeitung