Der Ostthüringer Gesundheitspolitiker Marian Koppe (FDP) geht mit Sozialministerin Heike Taubert (SPD) hart ins Gericht. Im Wettbewerb um niederlassungswillige Ärzte sehe Thüringen nach wie vor sehr blass aus
Von Volkhard Paczulla
Erfurt Die Meldung hat Marian Koppe (FDP) mit ungläubigem Staunen aufgenommen. Thüringen will ab Frühjahr 2014 niederlassungswilligen Ärzten in unterversorgten Gebieten mit einem Zuschuss unter die Arme greifen. Dafür werde ein Betrag im niederen fünfstelligen Bereich zur Verfügung stehen.
Der FDP-Gesundheitspolitiker kann das kaum glauben. Wie viele Ärzte wolle Sozialministerin Heike Taubert (SPD) denn mit dem Sümmchen locken, fragt der Landtagsabgeordnete aus Königsee. Das Thema Ärztemangel im ländlichen Raum treibt ihn schon seit Jahren um, damals sei er dafür noch verlacht worden. Inzwischen sei die Problemlage politisches Allgemeingut, wenigstens das. Nur eine Gegenstrategie der schwarz-roten Regierung, die könne er bis heute nicht erkennen, schimpft der gelernte Instandhaltungsmechaniker in seiner unverstellten Art.
Die Anfrage der oppositionellen FDP im Landesparlament stammt aus dem zeitigen Frühjahr, die Antwort der Ministerin kam im April. Die Ausgestaltung eines Förderprogramms, um Neuansiedlungen von Arztpraxen oder wenigstens die Nachbesetzung vorhandener zu sichern, sei noch offen, hieß es. Zumal im Doppelhaushalt ein sogenannter Leertitel dafür eingestellt sei. Mit anderen Worten: gar kein Geld.
Als ob wir auf einer Insel lebten, wundert sich der liberale Gesundheitspolitiker aus Ostthüringen und blickt über den Tellerrand. Brandenburg fördere den Kauf von Grundstücken, Baumaßnahmen, Einrichtungen und Geräten in Arztpraxen mit zehn Millionen Euro. Die Nachbarn in Sachsen gewährten zinsgünstige Darlehen bis zu einer Höhe von 2,5 Millionen Euro, Bayern fördere mit bis zu 4,5 Millionen, wenn Ärzte sich in Orten kleiner als 25 000 Einwohner niederlassen und dort mindestens fünf Jahre bleiben wollen.
Was mache Thüringen? Nichts, zieht Koppe einen ernüchternden Vergleich. Die zuständige Ressortchefin habe sich in den Haushaltsverhandlungen mit dem Finanzminister darauf eingelassen, das Programm nur dann finanzieren zu können, wenn sie an anderer Stelle einspart. Etwa beim viel zu teuren Maßregelvollzug, wie die Unterbringung psychisch kranker Straftäter genannt wird. Hier hat die Privatisierung keineswegs zu erhofften Einsparungen geführt, so dass die 300 000 Euro für ein Niederlassungs-Förderprogramm für dieses Jahr genauso im Wind stünden wie die Verdopplung der Summe 2014. Selbst die Thüringer Aufbaubank (TAB) habe dankend abgelehnt, weil ihr bei so vergleichsweise geringen Summen der Verwaltungs- und Kontrollaufwand zu hoch erschien. Nun soll es offenbar die mit der Kassenärztlichen Vereinigung gegründete Stiftung richten. In Koppes Augen ein Tropfen auf den heißen Stein.
Zurzeit würden 26 Fach- und 224 Hausärzte in Thüringen mehr oder weniger verzweifelt nach Praxisnachfolgern suchen - aus Altersgründen. Das Problem werde sich verschärfen, sagt der Abgeordnete und FDP-Kreischef von Saalfeld-Rudolstadt voraus. Er fordert eine wirksame Ansiedlungspolitik.