Am Vorhaben der Landesregierung, Thüringer Qualitätsvorgaben für die Arbeit der 45 Krankenhäuser einzuführen, entdecken die Betroffenen nichts Sinnvolles. Die FDP im Landtag macht sich zu ihrem Fürsprecher.
Erfurt. "Wir brauchen keine zusätzlichen Qualitätsvorgaben für Krankenhäuser. Davon gibt es schon genug."
Mit der klaren Ansage liegt Michael Lorenz, Geschäftsführer der Landeskrankenhausgesellschaft Thüringen, genau auf Wellenlänge der FDP. Deren Landtagsfraktion rudert ebenfalls nach Kräften gegen das, was Sozialministerin Heike Taubert (SPD) mit dem neuen Krankenhausgesetz vorhat. Der Entwurf hat das Parlament bereits zur Beratung erreicht.
Wobei unklar bleibt, um welche speziell Thüringer Kriterien für eine "gesicherte Qualität" es eigentlich gehen soll. Denn die will die Ministerin nicht ins Gesetz schreiben, sondern auf dem Verordnungsweg hinterher schicken. Sehr zum Unmut der Oppositionsparteien, die sich umgangen fühlen.
Das Land solle keine Begriffe einführen, "die wir wegen fehlender Definition gar nicht zuordnen können", machte bei der FDP-Podiumsdiskussion zur Zukunft der Krankenhäuser gestern im Landtag auch Marina Heinz ihrem Ärger Luft. Die Frau vom Verband kommunaler Gesundheitseinrichtungen führt die Geschäfte der kommunalen Klinik Arnstadt/Ilmenau. 5,5 Facharztstellen für eine kleine Abteilung vorschreiben zu wollen, sagte sie, damit der Schichtbetrieb gewährleistet wird, das sei doch illusorisch.
Marian Koppe , der Gesundheits-Fachpolitiker in der FDP-Fraktion, hat da so seine Vermutungen. Womöglich wolle die Regierung mit überzogenen Qualitätskriterien einige Fachabteilungen in kleineren Häusern quasi durch die Hintertür plattmachen. Was es zu verhindern gelte. Es sei ja so, sagte Koppe, dass gerade im Umfeld der kleinen Klinikstandorte ein Mangel an ambulanter Facharztversorgung herrsche. Insofern könne die Regierung nicht auch noch Mindestfallzahlen für Operationen vorschreiben.
Na ja, wandte Reinhard Fünfstück ein, solche Mindestzahlen gebe es für hochspezialisierte OPs längst, und die Vorschrift sei unstrittig. Aber, so der Vorsitzende des Thüringer Verbandes leitender Krankenhausärzte weiter, man könne Patienten und Angehörigen, die hinter Lobenstein wohnen, keineswegs zumuten, dass wegen einer Blinddarm-OP oder Herzinsuffizienz die Klinik in Saalfeld für sie zuständig ist. Für den Ausbau flächendeckender Versorgung auch mit spezieller Behandlung hatte Fünfstück ein überzeugendes Beispiel. 2003 seien noch 203 Herzinfarktpatienten pro 100"000 Einwohner verstorben. Im Jahr 2010 seien es nur noch 162 Fälle gewesen.
Dass Thüringen mit 45 Klinikstandorten ein ausgezeichnetes Netz hat, in das seit der Wende rund drei Milliarden Euro Investitionen geflossen sind, wollte in der Runde niemand bestreiten. Aber das sei eine Momentaufnahme, sagte Politiker Koppe. Ihn interessiere, wie das Netz in 30 Jahren aussieht - bei solchen Gesetzen der Regierung.
Das Land komme seiner Verpflichtung, künftige Investitionen abzusichern, nicht mehr nach, beschwerte sich Lorenz. Im Grunde halte es sich schon seit Jahren aus dieser Aufgabe heraus. Das sei "klarer Rechtsbruch". Auch habe man vor Jahren schon mal im Krankenhaus-Planungsausschuss versucht, eine schlüssige Definition für Qualität zu finden: "Es ist uns nicht gelungen."
Volkhard Paczulla / 05.09.13 / OTZ