In den vergangenen Jahren hat sich die Zahl der Kinder, die zur Vorsorgeuntersuchung (U-Untersuchung) gehen, erhöht. Der Aufwand ist zu groß, falsche Meldungen an das Jugendamt zu häufig. Die Meldepflicht für versäumte Kinder-Vorsorgechecks soll in Thüringen reduziert werden. Rund 35 Prozent der Meldungen ans Jugendamt stellten sich als harmlos heraus.
Erfurt. Daraus hat das Land jetzt Konsequenzen gezogen: Die Landesregierung will künftig die meldepflichtigen Kinder-Vorsorgechecks für Klein- und Vorschulkinder reduzieren. Das Kabinett billigte einen entsprechenden Gesetzentwurf von Sozialministerin Heike Taubert (SPD), der nun im Landtag eingebracht werden soll. Demnach soll künftig nur noch zu den Früherkennungsuntersuchungen U4 bis U8 eingeladen und erinnert werden. Vorher wurde von der U 3 bis einschließlich der U 9 eingeladen.
Das Einladungssystem war nach schockierenden Fällen von Kindesvernachlässigung eingeführt worden. Taubert begründete die Reduzierung damit, dass das Verfahren effizienter gestaltet werde. Außerdem sollen zunächst die Gesundheitsämter informiert werden, wenn Kinder nicht zu den Checks kommen. Diese müssten dann überprüfen, ob das Jugendamt gegebenenfalls eingeschaltet werde.
2010 war die Teilnehmerrate 93 Prozent
Grund für die neue Regelung ist laut Taubert auch die hohe Zahl von falschen Meldungen an das Jugendamt. Bei 3,8 Prozent (4536 Fälle) der Kinder sei eine Meldung über die fehlende Teilnahme erfolgt. In 1601 Fällen sei aber eine nachträgliche Teilnahmemeldung eingegangen. Das entspreche einer "Nacherfassungsrate" von rund 35 Prozent. Für die Linken-Fraktion im Thüringer Landtag ist allerdings ungewiss, ob die Gesundheitsämter genügend Personal haben, um die neue Aufgabe zu leisten. Fraglich sei auch, ob sie "über die nötigen Fachkenntnisse verfügen, um Anzeichen für Kindeswohlgefährdung besser erkennen zu können", warnte der sozialpolitische Sprecher Matthias Bärwolff . "Tatsache ist, dass jetzt zwei Ämter mit der Überprüfung möglicher Kindeswohlgefährdungen beschäftigt sind", fügte er hinzu.
Nach Angaben des Ministeriums nahmen im vergangenen Jahr mehr als 97 Prozent der Kinder an den Früherkennungsuntersuchungen teil. Insgesamt verschickte das Thüringer Vorsorgezentrum am Landesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz in Bad Langensalza mehr als 119.000 Einladungen an die Eltern. Bereits im Einführungsjahr 2010 lag die Teilnehmerrate laut Ministerium bei mehr als 93 Prozent. Das Einladungssystem war zunächst bis Ende 2013 befristet und wird nun überprüft. Die Thüringer FDP kritisierte, die Änderungen seien nur kosmetischer Natur. Gesundheitspolitiker Marian Koppe sagte, wenn man sich dem Vorwurf der überbordenden Bürokratie dadurch entziehe, dass man jetzt für weniger U-Untersuchungen einlade, dann sei das eher ein schlechter Scherz als ernst gemeintes politisches Handeln."
Die Teilnehmerraten an den U-Untersuchungen lagen laut Ministeriumsangaben in Thüringen in den vergangene Jahren zwischen 96 und mehr als 99 Prozent.