Thüringen braucht Hausärzte: Vor allem in den ländlichen Regionen fehlen Mediziner. Für ein angekündigtes Förderprogramm des Landes mangelt es aber an Geld. Die Opposition wirft der Landesregierung eine "reine Placebo-Politik" vor.
Erfurt. Heike Taubert ist in der Zwickmühle: Einerseits weiß sie um die Probleme mit fehlenden Hausärzten in Thüringen, vor allem auf dem Land. Andererseits fehlen ihr noch die finanziellen Mittel, um ein auch von ihr gewünschtes Förderprogramm für Ärztinnen und Ärzte in Thüringen aufzulegen.
Ziel eines solchen Förderprogramms, das auch im Doppelhaushalt 2013/2014 verankert ist, soll die Nachbesetzung oder Neuansiedlung von Arztpraxen im ländlichen Raum sein. Dies soll vor allem dadurch erreicht werden, dass Darlehnszinsen erstattet werden, die im Zusammenhang mit der Aufnahme eines Gründungsdarlehns stehen. Die Kosten dafür werden auf 300.000 Euro in diesem und auf 600.000 Euro im kommenden Jahr geschätzt.
Zwischen dem Wunsch von Taubert nach diesem Programm und der finanziellen Realität im Land klaffen aber Welten. Denn die entsprechende Haushaltsstelle im Etat (0829-61101) wurde als Leertitel ausgewiesen. Das heißt, es ist kein Geld eingestellt. Das muss erst noch zusammengekratzt werden. Taubert hofft, dass am Ende die erforderlichen Mittel aus einem Posten kommen, der den Sozialdemokraten sowieso ein Dorn im Auge ist: Das von der CDU mit Zähnen und Klauen verteidigte Landeserziehungsgeld.
Hoffnung schöpft die Gesundheitsministerium aus aktuellem Zahlenmaterial: Danach werden die Kita-Plätze besser genutzt als ursprünglich eingeplant. Das heißt, dass weniger Landeserziehungsgeld für diejenigen ausgegeben werden muss, die ihre Kinder lieber zu Hause betreuen statt sie in eine Kita zu schicken.
FDP: Regierung hat tief und fest geschlafen
Allerdings: Wie groß der finanzielle Spielraum letztlich ist, den Taubert hat, steht derzeit noch in den Sternen, kann die Ministerin im Interview nicht genau beziffern. Und dann steht ja auch noch im Raum, ob bei höherer Kita-Auslastung nicht Kommunen oder Kabinettskollege Christoph Matschie begehrliche Blicke auf das eingesparte Geld werfen. Hier zeigt sich Taubert aber zuversichtlich, dass sie über die eingesparten Gelder auch in ihrem eigenen Haus verfügen wird. Denn der Bildungsminister zahle den Kommunen ja eine feste Pauschale pro Platz.
Für die Freien Demokraten ist das Ganze nicht zufriedenstellend. "Ich kann nicht verstehen, dass die Landesregierung beim wichtigen Thema Ärzteförderung bisher tief und fest geschlafen hat", sagt Marian Koppe , der sozialpolitische Sprecher der Liberalen und legt die drei Seiten starke Antwort aus dem Sozialministerium zu diesem Thema aus der Hand.
Eigentlich sei ein solches Förderprogramm für junge Ärzte in Thüringen dringend notwendig, doch dies sei bis heute - ein halbes Jahr nach dem Beschluss des Landtages - noch immer nicht auf den Weg gebracht. Die Landesregierung könne noch nicht einmal konkrete Angaben machen, was genau und in welchem Umfang gefördert werden soll, wer die Mittel ausreicht, woher die Gelder stammen und wie diese letztlich an die Ärzte ausgereicht werden, fasst Koppe die Antworten des Landes auf seine Anfrage zusammen.
Ärzteschaft skeptisch - "reine Placebo-Politik"
Für Heike Taubert ist das allerdings ein normales Vorgehen: Die entsprechende Richtlinie zu dem Förderprogramm sei derzeit in Arbeit, deshalb könne zu den Details der Regelungen natürlich noch nichts gesagt werden.
Koppe findet, dass die Ärzteschaft auch deshalb schon stutzig werden müsste, weil noch nicht klar sei, ob die notwendigen Einsparungen wirklich gelingen. "Wie etwaige Finanzierungsalternativen aussehen, ist unklar", so Koppe, der schon in seiner Haushaltsrede angekündigt hatte, gegen eine "reine Placebo-Politik" vorzugehen. Genau diesen Fall sieht er jetzt eingetreten.
Heike Taubert kann die Kritik nicht verstehen. Der Sicherstellungsauftrag für die ärztliche Versorgung liege zunächst einmal bei der Kassenärztlichen Vereinigung sagt sie. Außerdem unterstütze das Land die Stiftung der Kassenärzte zur Förderung des Mediziner-Nachwuchses mit jährlich 70.000 Euro. Und auch die Tatsache, dass durch einen neuen Berechnungsmodus die Zahl der fehlenden Hausärzte plötzlich von über 250 auf gut 70 gesunken sei, habe bei ihren Überlegungen keine Rolle gespielt. "Für die neue Förderung ist das nicht relevant", sagt sie. Ihr Ziel ist es weiter, jungen Ärzten die Niederlassung in Thüringen schmackhaft zu machen.
Hartmut Kaczmarek / 17.04.13 / TLZ