Bundestagswahl 2013

OTZ berichtet am 01.03.2013

Nach der Nominierung der Bündnisgrünen stehen die Direktkandidaten der fünf im Bundestag vertretenen Parteien für die Wahl am 22. September fest. Zwei Frauen und drei Männer kämpfen um die Gunst der Wähler.

Von Thomas Spanier

Saalfeld/Schleiz. Am Ende war es eine klare Angelegenheit. Mit elf zu vier Stimmen bei einer Enthaltung setzte sich Stephanie Erben bei der Nominierungsveranstaltung der Bündnisgrünen am Mittwochabend im Saalfeld Hotel »Weltrich« durch. Auf Johannes Brink, den Landesschatzmeister der Grünen aus Bodelwitz, entfielen vier Stimmen. Johannes Rozanowske, ein weiterer junger Mitbewerber aus Pößneck, zog seine Kandidatur kurzfristig zurück.
Je drei Bündnisgrüne aus dem Landkreis Sonneberg und dem Saale-Orla-Kreis sowie zehn Parteimitglieder aus Saalfeld-Rudolstadt hatten sich in die Saalstraße aufgemacht, dazu der Landessprecher Dieter Lauinger, der die Grünen auf den Bundestagswahlkampf einstimmte. Lauinger hatte sich zuvor in Rudolstadt mit dem Landesvorsitzenden des Vereins Haus und Grund, Joachim Bleeck, getroffen, um über wohnungspolitische Themen zu diskutieren.
Mit Stephanie Erben schicken die Grünen im Wahlkreis 196 (Saalfeld-Rudolstadt, Sonneberg, Saale-Orla) eine Frau ins Rennen, die erst seit 2009 Mitglied der Grünen ist, ein Jahr später bereits Sprecherin des Kreisverbandes Saalfeld-Rudolstadt war und seit 2011 mit im Landesvorstand sitzt.
Die Rudolstädterin steht auf der Landesliste ihrer Partei auf dem nicht ganz uninteressanten Listenplatz 3. Sollten die Grünen in Thüringen ein zweistelliges Ergebnis einfahren, wäre die 41-Jährige womöglich auch über die Liste im Hohen Haus.
Die verheiratete Mutter einer zweieinhalbjährigen Tochter stammt ursprünglich aus dem sächsischen Riesa, machte erste politische Erfahrungen in der Jungen Gemeinde und deren Umweltbewegung. Nach einem Ausflug als Regieassistentin ans Theater studierte sie Gesang an der Musikhochschule in Weimar, hängte noch ein Aufbaustudium für Kulturmanagement an. In diesem Tätigkeitsfeld arbeitet sie seitdem, organisiert Kulturveranstaltungen wie die Jüdisch-Israelischen Kulturtage in Thüringen und erarbeitet Konzepte.
»Den kulturellen Ansatz bringe ich in meiner Biografie, aber auch der Kampf gegen Rechts ist einer meiner inhaltlichen Schwerpunkte«, sagt Stephanie Erben. Die Energiewende sei ein weiteres Thema. »Ich fahre als eine der wenigen im Landkreis mit Leidenschaft seit neun Monaten ein Elektromobil, einen Renault Twizy«, so Erben.
Die Rudolstädterin macht das Quintett der Bewerber aus den etablierten Parteien komplett. Einer der fünf wird voraussichtlich nach der Wahl am 22. September in den Deutschen Bundestag einziehen. Mindestens zwei Frauen und mindestens drei Männer werden dann auf dem Wahlzettel stehen und um die Erststimme der Wähler konkurrieren.
CDU-Kandidatin Carola Stauche, die vor vier Jahren das Direktmandat in diesem Wahlkreis gewann, ist mit 60 Jahren die Älteste in der Runde, dicht gefolgt von Alf-Heinz Borchardt. Der gerade wiedergewählte FDP-Vorsitzende im Saale-Orla-Kreis, der in Pößneck in einer Rechtsanwaltskanzlei arbeitet, ist der Kandidat der Liberalen.
Ebenfalls Vorsitzender, aber für die gesamte Thüringer Partei Die Linke, ist Knut Korschewsky, der sich unlängst bei der parteiinternen Nominierung mit einer Stimme Vorsprung gegen den Saalfelder Norbert Schneider behauptete. Der Landtagsabgeordnete hat sein Wahlkreisbüro in Sonneberg.
Jüngster im Bunde ist der in Saalfeld geborene und in Berlin lebende Christoph Majewski, der für die SPD ins Rennen geht, wo er sich bei der Nominierungsveranstaltung in Saalfeld gegen Hirschbergs Bürgermeister Rüdiger Wohl durchsetzte. Mit Christine Lehder aus Saalfeld und dem Lichtenhainer Dr. Gerhard Botz hatten die Sozialdemokraten bereits in früheren Legislaturperioden Wahlkreisabgeordnete in Berlin.

Christoph Majewski, SPD, 40, verheiratet, zwei Kinder, Dipl.-Volkswirt, Dezernent bei der Dt. Rentenversicherung, wohnt in Berlin

Knut Korschewsky, Die Linke, 52, getrennt lebend, zwei Kinder, Feinwerktechniker, Mitglied des Landtags, wohnt in Erfurt

Stephanie Erben, Bündnis 90/Die Grünen, 41 Jahre, verheiratet, ein Kind, Kulturmanagerin,
wohnt in Rudolstadt

Alf-Heinz Borchardt, FDP, 59 Jahre, verheiratet,
Rechtsanwalt, wohnt in Pößneck


Kommentar

Thomas Spanier über
den Reigen der Kandidaten

Wenn am 22. September rund 230 000 Wahlberechtigte in drei Landkreisen aufgerufen sind, ihren Volksvertreter im nächsten Deutschen Bundestag zu wählen, werden sie eines nicht haben: einen Mangel an Bewerbern. Anders als beispielsweise bei der Landratswahl 2012 im Kreis Saalfeld-Rudolstadt, als lediglich Marion Philipp (SPD) gegen den parteilosen Hartmut Holzhey antrat, werden diesmal mindestens fünf Namen auf dem Wahlzettel stehen. Gut möglich, dass noch ein paar weitere dazukommen.
Alle fünf im Bundestag vertretenen Parteien haben im Wahlkreis 196 Direktkandidaten nominiert. Das ist erfreulich im Sinne der Demokratie, die von Auswahl lebt, und klug aus Sicht der Parteien, denn wer kein Gesicht zum Programm hat, wird zu Podiumsdiskussionen und anderen Veranstaltungen eben auch nicht eingeladen.
Bisher haben seit 1990 stets die Kandidaten von CDU oder SPD den Wahlkreis gewonnen, zuletzt Carola Stauche denkbar knapp gegen den Linken Norbert Schneider. Erbhöfe gibt es im Bundestag aber nicht, Parteien-Abos ebenso wenig.
Selten war der Reigen der Kandidaten so bunt wie diesmal. Der Wähler hat die Qual der Wahl. Und wer nicht wählt, wird auch nicht weitergequält.


01.03.2013 OTZ - Ostthüringer Zeitung