Ein neues Gesetz aus Erfurt fährt pfiffigen Händlern in die Parade - zum Beispiel beim Moonlight-Shopping. Oppositionspolitiker Uwe Barth will sich für Ausnahmeklauseln im
Regelwerk einsetzen.
Von Andreas Beer
Sonneberg - Der 21. Juli, eigentlich hätte es ihn Gesetzes halber so gar nicht geben dürfen in Sonneberg. Zumindest nicht in der Darreichungsform eines Moonlight-Shopping in der Zeit ab 18 Uhr bis open end. Eigentlich. Doch auch Landratsamtssprecher Michael Volk spricht in fast poetischen Worten von jenen Dingen zwischen Himmel und Erde, die es gibt, auch wenn es sie nicht gaben darf. Eigentlich. Das unausgesprochene Weltwissen, das da anklingt? Das richtige Leben orientiert sich manchmal munter an anderen Gepflogenheiten als denen, die in Erfurt so zu Papier gebracht werden. Vergangenen Sonnabend, 18 Uhr, startete also die mittlerweile siebte Auflage des Moonlight-Shoppings in Regie des Vereins "Sonneberg aktiv". Doch gemäß der zum Jahresbeginn wirksam gewordenen Neuregelung der Ladenöffnungszeiten im Freistaat hätte bereits um 20 Uhr der Spaß sein Ende finden müssen. 30 Innenstadthändler hatten sich auf den gemeinsamen Anpfiff des Sommerschlussverkaufs geeinigt. Nach zwei Stunden hätten sie den Rollladen wieder herunterkurbeln müssen. Landratsamtssprecher Michael Volk: "Insbesondere durch die Neuregelung des Paragraf 10 Absatz 4 ist für die Landkreise und kreisfreien Städte die Möglichkeit entfallen, aus besonderem Anlass in Einzelfällen die Öffnungszeiten an Sonnabenden bis 24 Uhr freizugeben. Das Landratsamt hat den Verein "Sonneberg Aktiv" schriftlich auf die Gesetzesänderung
hingewiesen und hierbei ausdrücklich betont, dass Verkaufsstellen an Samstagen nach 20 Uhr laut novelliertem Gesetz nicht mehr geöffnet werden dürfen." Theoretisch hätten die Ordnungsamtskontrolleure also am Sonnabend fette Beute machen können. Doch das Engagement der Händler derart abzustrafen, dazu kam es - wundersamerweise - nicht. Die "anders lautenden Ereignisse", die sich unbestätigten Informationen zufolge und ungeachtet der ausführlichen Berichterstattung in Freies Wort trotzdem am Sonnabend in der Innenstadt abgespielt haben sollen - proppenvolle Läden, klingende Kassen - "sind dann möglicherweise zwischen Himmel und Erde geschehen". So sympathisch die informelle Verständigung zwischen Landratsamt und Gewerbetreibenden anmutet,
eine Garantie auf Wiederholung lässt sich daraus kaum ableiten. Wie die erfolgreiche Veranstaltung fortgeführt werden kann, darüber werden die Macher zu reden haben.
"In der Existenz bedroht" Die Untiefen des neu gestrickten Ladenöffnungsgesetzes sind dieser Tage auch das Thema der Sommerreise von Uwe Barth. Zwei Wochen tourt der Vorsitzende der Landtags-FDP durch Thüringen. Gestern war er in Sonneberg zu Gast. Neben einem Abstecher zu Dickie Tamiya in der Mittleren Motsch bzw. zur Farbglashütte in Lauscha, besuchte der Oppositions-Politiker auch Hans und Annerose Truckenbrodt in ihrem "Sonneberger Spielzeugparadies". "Marktplatz Thüringen" lautet das Motto seiner sommerlichen Tour. Im Mittelpunkt stehen Probleme des Handels. In Sonneberg hatte der Liberale einmal mehr Gelegenheit sich die Folgen eines "Thüringer Alleingangs" schildern zu lassen, die allerorten den Händlern das Leben schwer machen. Dass das Gesetz - so am 21. Juli in Sonneberg - nicht vollzogen wird, fand dabei das Wohlwollen Barths. Gleichwohl machte er auf die Fallstricke aufmerksam: Hätte sich - auch so etwas passiert zwischen Himmel und Erde - ein abhängig Angestellter zum Beispiel außerhalb der gesetzlich erlaubten Öffnungszeit verletzt, sofort hätte die Berufsgenossenschaft den Ladeninhaber am Wickel gehabt. Im Einzelfall mehr Spielraum zu lassen, diesen Grundgedanken mahnte Barth daher an bei der Koalitionsregierung. Ein Drittel aller Einzelhandelsunternehmen sehe sich zum Beispiel durch das Arbeitsverbot an mindestens zwei Samstagen im Monat in seiner Existenz bedroht, führte er aus. Entlassungen, so hätte es ihm ein Unternehmer aufgesagt, waren die Folge. "Die Landesregierung verweigert aber eine Korrektur und hat bislang auch noch nicht die angekündigte Verordnung umgesetzt." Gerade in der jetzt beginnenden Ferienzeit würden viele Unternehmen vor große Probleme gestellt, wenn sie die aktuelle gesetzliche Regelung einhalten wollten, befürchtet Barth. Zudem stehe das Verbot im Widerspruch zu den Interessen aller betroffenen Gruppen: der Arbeitnehmer, der Händler und der Kunden. Wenn nun in Kürze in Erfurt verhandelt wird übers Regelwerk zu den Ausnahmeverordnungen zum Gesetz, werde er die "eine oder andere Note platzieren", versprach er. Im Sinne manches Sonneberger Mondlicht-Händlers wird es sein: Mit Ausnahmen von der Regel kennen die sich ja schon aus.