In Thüringen sollen sich die Senioren künftig stärker in die politischen Entscheidungsprozesse einbringen können. Dazu beschloss der Landtag am Donnerstag das Seniorenmitwirkungsgesetz der schwarz-roten Landesregierung. Mit ihm sollen die "Interessenvertretung und Mitbestimmung der Senioren umfassend und flächendeckend ausgebaut werden", wie es im Gesetzestext heißt. Sozialministerin Heike Taubert (SPD) sagte, es gebe derzeit in Deutschland kein besseres Seniorenmitwirkungsgesetz. Scharfe Kritik kam von der Opposition.

Das Gesetz soll die Interessenvertretungen älterer Menschen stärken. Zudem wird den Kommunen die Bildung von Seniorenbeiräten empfohlen - allerdings nach "eigener Einschätzung ihrer Leistungskraft", wie es im Gesetz heißt. Der Landesseniorenrat kann künftig zu Gesetzesvorhaben des Landtags Stellung beziehen. Insgesamt werden bestehende Mitwirkungsstrukturen gefestigt und ausgebaut.

Die SPD-Abgeordnete Dagmar Künast sagte, Wissen, Erfahrung und Energie der Älteren müssten gebündelt und berücksichtigt werden. Die Senioren sollen zum Engagement ermutigt und nicht verpflichtet werden.

CDU-Sozialexperte Christian Gumprecht verteidigte unter Verweis auf die kommunale Selbstverwaltung den Verzicht auf konkrete Bestimmungen in dem Gesetz. Darüber hinaus sollen lange gewachsene Strukturen nicht zerstört werden. Die Kommunen müssen selbst entscheiden können, welche Formen der Beteiligung für sie am Besten seien. Niemandem wäre gedient, wenn die Mitwirkung Pflicht für die Gemeinden wäre.

Die Linke sprach dagegen von einem Placebo-Gesetz. Mitwirkung sei keine Mitbestimmung, sagte Gleichstellungsbeauftragte Carola Stange. Es fehle an Antrags-, Rede- und Entscheidungsrechten. In dem Gesetz gebe es fast nur Kann-Bestimmungen. Es fehle weiter an hauptamtlichen Strukturen oder verbindlichen Finanzierungen. Letztlich bleibe fast alles so, wie es ist.

Linke-Sozialexperte Jörg Kubitzki beklagte zudem, dass seine Partei einen eigenen Entwurf auf Wunsch der Landesregierung lange im Ausschuss geparkt habe, um auf das Papier des Landes zu warten. Mit Blick auf das vorliegende Gesetz der Regierung sagte er, dass es einen derartigen Schritt nicht noch einmal geben werde. Zudem müsse nach dem Sinn von Anhörungen gefragt werden, wenn deren Ergebnisse offenbar unberücksichtigt blieben. Es sei klar, dass Mitbestimmung und Demokratie Geld kosteten.

Marian Koppe von der FDP kritisierte den Linke-Entwurf. Dieser gebe - wie auch andere Vorhaben in der Vergangenheit - gesetzliche Normen vor, ohne Gestaltungsspielraum zu bieten. Allerdings sei auch das Gesetz der Landesregierung nur ein "normiertes Feigenblatt". Es bleibe im Ungefähren. Letztlich sei einmal mehr offenbar nur ein Punkt des Koalitionsvertrages abgehakt worden.

03.05.2012 www.t-online.de