Vom Thüringer Angebot an Kita-Plätzen können Eltern in Frankfurt oder Hamburg nur träumen. Trotzdem ist die Betreuungsquote im Freistaat, der viel auf sein neues Kita-Gesetz hält, nicht die beste.
Wiesbaden/Erfurt - In Thüringen besuchen fast doppelt so viele Kinder bis zu drei Jahren eine Kindertagesstätte wie in Deutschland insgesamt. Der Betreuungsanteil von Mädchen und Jungen in dieser Altersgruppe liegt nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes von gestern im Freistaat bei 46,9 Prozent. Bundesweit sind es nur 25,2 Prozent. Thüringen, das mit seinem neuen Kita-Gesetz einen Rechtsanspruch auf Betreuung von Kinder ab dem ersten Geburtstag garantiert, ist jedoch nicht der Spitzenreiter im Vergleich der ostdeutschen Bundesländer. Außer in Sachsen (44,1 Prozent) liegt die Betreuungsquote in allen anderen neuen Ländern bei den unter Dreijährigen deutlich über 50 Prozent; in Sachsen-Anhalt als Spitzenreiter sind es sogar 56,1 Prozent. Insgesamt wurden zum Stichtag 1. März in Thüringen 72 755 Kinder unter sechs Jahren in Kindergärten oder von Tagesmüttern beaufsichtigt. Bei den unter Dreijährigen waren es etwa 24 400. Während nur drei Prozent der Thüringer Babys in eine Kita gebracht wurden, betrug der Anteil in den Städten Gera, Weimar und Jena zwischen 6,2 und 5,2 Prozent. Den höchsten Anteil bei der Betreuung von Einjährigen ermittelte das Statistische Landesamt in Greiz mit 69,6 Prozent, den niedrigsten Wert im katholisch geprägten Eichsfeld mit 31,9 Prozent.
Sonneberg an der Spitze
Die bundesweit höchste Betreuungsquote bei Zweijährigen hatte Gera mit 94,1 Prozent. In Westdeutschland lag der Landkreis Südliche Weinstraße in Rheinland-Pfalz mit 76,8 Prozent vorn. In Thüringen wurden 83,7 Prozent aller Zweijährigen tagsüber in einer Kita oder von Pflegemüttern betreut. Bei den Kindern im Alter zwischen drei und sechs Jahren betrug die Betreuungsquote im Landesdurchschnitt 96,8 Prozent. Fast alle Kinder dieser Altersgruppe wurden im Kreis Sonneberg (98,9 Prozent) betreut. Noch höher lag der Anteil mit 99,7 Prozent in Jena. Der SPD-Landtagsabgeordnete Peter Metz sieht die Weichen mit dem 2010 auf Initiative vor allem seiner Partei verabschiedeten Kindergartengesetz gut gestellt. In diesem Jahr
seien die Ausgaben für die Kitas um 130 Millionen Euro gestiegen. Mit dem Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz ab dem ersten Geburtstag sei Thüringen auch bundesweit Trendsetter, erklärte Metz. Der CDU-Abgeordnete Christian Gumprecht verteidigte das von seiner Partei eingeführte Landeserziehungsgeld gegen Kritik der Opposition. Das Land reagiere damit auf die unterschiedliche Lebens- und Interessenlage der Menschen, die in den einzelnen Regionen trotz vergleichbarer Kita-Angebote unterschiedlich seien. Das gelte beispielsweise für das nordthüringische Eichsfeld mit seiner vergleichsweise niedrigen Betreuungsquote. Der FDP-Abgeordnete Marian Koppe verlangte, die für das Landeserziehungsgeld ausgegebenen Millionenbeträge in die Kinderkrippen und -tagesstätten zu stecken.
Elternbeiträge steigen
Es zeige sich immer mehr, dass das Kita-Gesetz in Thüringen kein Selbstläufer sei, kritisierte die grüne Landtagsabgeordnete Astrid Rothe-Beinlich. Denn trotz guter Gesetzeslage liege Thüringen zumindest bei den Personalschlüsseln je Kind immer
noch deutlich hinter vielen anderen Bundesländern. So sei die Organisation der zusätzlichen Fachberatung vielerorts noch unklar und müsse besser geregelt werden. In manchen Kommunen finde sie gar nicht statt, so die Grüne. Die immer geringer werdende Finanzausstattung der Kommunen im ganzen Land werde zudem die ohnehin schon steigenden Elternbeiträge noch weiter anwachsen lassen. "Es reicht also nicht, sich auf gute gesetzliche Regelungen zu verlassen. Es braucht das dauerhafte konsequente Engagement der Landesregierung", so Rothe-Beinlich weiter. dpa/les