Die Stiftung "Familiensinn" und das Landeserziehungsgeld stehen auf der Kippe

Von Elmar Otto

Erfurt. Wolfgang Voß (CDU) ist jemand, der sich in eine Materie regelrecht eingraben kann. Für seine Mitarbeiter ist er dann teilweise nur schwer zu sprechen. So war es, als sich der noch neue Finanzminister mit den Details und vor allem den Fallstricken des Thüringer Haushalts vertraut machte. Dementsprechend bestens präpariert ging der Ressortchef dann in die Gespräche mit seinen Ministerkollegen. Posten für Posten ackerte er mit ihnen durch und machte eigene Vorschläge zu aus seiner Sicht noch möglichem Einsparpotenzial. So war es auch, als er sich mit Sozialministerin Heike Taubert (SPD) zusammensetzte. Zu Tauberts eigener Überraschung fiel Voß" Augenmerk dabei auch auf das Landeserziehungsgeld und die Stiftung "Familiensinn". Denn damit nahm der zugereiste Christdemokrat aus Sachsen ausgerechnet zwei Prestigeprojekte der einstigen CDU-Alleinregierung aufs Korn.

Einmalig 34 Millionen Euro könnten durch die Auflösung der Stiftung an die Landeskasse zurückfließen. Mehr als 40 Millionen Euro jährlich ließen sich sogar durch den Wegfall des Erziehungsgeldes sparen.

SPD-Frau Taubert ist jetzt in einer misslichen Lage. In der Vergangenheit gehörte auch sie zu den Kritikern der Unionsvorhaben. Und vom Spardiktat einmal abgesehen hat jüngst zudem der Rechnungshof moniert, "Familiensinn" verstoße gegen geltendes Recht.

Auf der anderen Seite aber will die Sozialministerin das Geld nicht kampflos dem Finanzminister überlassen. Das heißt, selbst bei einer Auflösung der Stiftung will sie die Summe für Familienbildung weiter in ihrem Haus verausgaben können.

Profiteure der CDU-SPDKabale, zu der sich das Finanzministerium unter Verweis auf die immer noch laufenden Etatverhandlungen nicht äußern will, sind die Oppositionsfraktionen: Wenn die Landesregierung nun zu der Erkenntnis gekommen sei, beide unnötige Doppelförderungen einzustellen, "begrüßen wir das ausdrücklich", sagt der FDP-Sozialexperte Marian Koppe.

Auch die Linken sprechen sich klar für eine Abschaffung beider Projekte aus. Was aber nicht passieren dürfe, sei, "dass Finanzminister Voß die Gelder der Stiftung jetzt als Sparschwein nutzt, das er zur Haushaltssanierung schlachten darf", so Fraktionschef Bodo Ramelow. Das Geld werde für Familienbildung, -erholung, -freizeiten und Unterstützung von Familienzentren gebraucht.

Ähnlich argumentiert Grünen-Vize-Fraktionschef Frank Augsten: "Im Zentrum der Familienpolitik dürfen in erster Linie nicht die Begehrlichkeiten des Finanzministers stehen."

SPD-Fraktionär Werner Pidde redet derweil dem Koalitionspartner ins Gewissen. Gerade die CDU fordere immer kompromissloses Sparen, damit die Neuverschuldung des Freistaates so bald wie möglich bei Null liegen könne, so der Finanzexperte. Dies sei jedoch mit einer enormen Kraftanstrengung und mit unpopulären Entscheidungen verbunden − "wer politisch glaubwürdig sein will, darf davor nicht zurück schrecken ".

Die Union sieht das jedoch gänzlich anders. Das Landeserziehungsgeld und die Stiftung
stünden nicht zur Disposition, betont deren Vize-Vorsitzender Klaus Zeh. "Diese Themen sind im Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD abschließend verhandelt und werden nicht
neu aufgeschnürt."


27.05.2011 TLZ - Thüringische Landeszeitung