Der Vorschlag von FinanzministerWolfgang Voß (CDU), die Zuschüsse für die Thüringer Kindergärten zu kürzen, erntet massiven Protest. Es drohen deutlich höhere Elternbeiträge.
Von Eike Kellermann
Erfurt-Ein Jahr nach dem Beschuss des Landtags, mehr Geld für Kita-Personal bereitzustellen, wird erneut heftig über die Zuschüsse für die Thüringer Kindergärten gestritten. Finanzminister Wolfgang Voß (CDU) verlangt von Bildungsminister Christoph Matschie (SPD), die Landeszuschüsse zu kürzen und die Eltern weitaus stärker als bisher zur Finanzierung der Kindergärten heranzuziehen. Nach einem Bericht der Zeitung Thüringer Allgemeine soll ihr Anteil künftig 25 Prozent betragen. Damit würde die Gesamtsumme der Elternbeiträge von derzeit knapp 79 Millionen Euro auf 133 Millionen steigen.
Die beteiligten Ministerien wollten sich auf Nachfrage nicht zu dem Vorschlag äußern. Derzeit laufen in der Regierung die sogenannten Chefgespräche zum Landeshaushalt 2012, bei dem Voß deutliche Einsparungen durchsetzen will. Ein Sprecher des Bildungsministeriums sagte, eine Kürzung der Landeszuschüsse bei den Kitas werde es mit Minister Matschie nicht geben: "Bei der frühkindlichen Betreuung darf nicht gespart werden." Die gleiche Ablehnung schlug Voß auch von Verbänden und Opposition entgegen. "Erst erhöht das Land die Standards, jetzt zieht es sich aus der Finanzierung zurück und schiebt den schwarzen Peter den Kommunen zu", sagte Vize-Geschäftsführer Bernhard Schäfer vom Gemeinde- und Städtebund unserer Zeitung. Er habe Verständnis dafür, wenn Eltern auf Grund höherer Beiträge nun auf die Barrikaden gingen. Der Wohlfahrtsverband Paritätischer reagierte mit "absolutem Unverständnis" auf die Überlegungen. "Es ist geradezu skandalös, den Thüringer Haushalt auf Kosten der Kinder und ihrer Eltern zu sanieren", sagte Kinder- und Jugendhilfereferent Steffen Richter. Der Landeselternverband für Kindertagesstätten drohte dem Finanzminister den "geballten elterlichen Zorn" an. Alle fünf Landtagsparteien hatten vor einem Jahr gemeinsam beschlossen, mit dem neuen Kita-Gesetz für 2400 zusätzliche Erzieher in den Thüringer Kindergärten zu sorgen. Zuvor hatte ein Volksbegehren Druck gemacht. Vor diesem Hintergrund wäre es ein schwerer politischer Fehler, heißt es in SPD-Kreisen, wenn jetzt die Zuschüsse gekürzt würden. Als Vorbild diene Voß offenbar Sachsen, wo die Eltern höhere Kita-Beiträge zu leisten hätten. Auch die Landtagsfraktionen von SPD, Linke, Grünen und FDP wandten sich gegen den Vorschlag des Finanzministers. "Dies wäre ein Schlag ins Gesicht der Eltern und der Kommunen", sagt Familienpolitikerin Margit Jung (Linke). "Kitas sind Bildungseinrichtungen und dürfen nicht mit unangemessen hohen Gebühren Kinder von der frühkindlichen Bildung ausschließen." Jung kündigte eine Aktuelle Stunde im Landtag an. Ihre SPD-Kollegin Birgit Pelke nannte die Pläne ein "verheerendes politisches Signal". Sie erinnerte daran, dass die Koalition ursprünglich angetreten sei, die Situation von Familien im Freistaat deutlich zu verbessern. FDP-Sozialpolitiker Marian Koppe sprach von einem "klaren Wortbruch". Grünen-Bildungspolitikerin Astrid Rothe-Beinlich rief Matschie auf, bei seiner Weigerung, den Forderungen des Finanzministers nachzukommen, standhaft zu bleiben.