500 Ärzte fehlen in Thüringen
Neue Zahlen der KV sorgen für Wirbel FDP fordert: Versorgungslücken schließen, nicht übertünchen
Erfurt(mar)500 Ärzte fehlen in Thüringen die FDP fühlt sich durch diese Zahl, die die Kassenärztliche Vereinigung jetzt genannt hat, in ihrer Sorge um die Versorgung der Bevölkerung im Freistaat bestätigt. Für den Verband der Ersatzkassen sind diese Zahlen dagegen nur statistische Effekthascherei, wie Michael Domrös, der Chef des Verbandes der Ersatzkassen (vdek) in Thüringen, betont. Die neuen Hochrechnungen zur ärztlichen Situation im Freistaat ergäben sich lediglich wegen einer neuen Rechensystematik der Bundesebene. In sie fließen jetzt auch Alter und Krankheitshäufigkeit ein.
Der Appell der FDP klingt dagegen dramatisch: Versorgungslücken schließen, nicht übertünchen, mahnt der Gesundheitsexperte der Fraktion, Marian Koppe, an. Wirksam Konzepte gegen den Ärztemangel im Freistaat fehlten bislang, so der liberale Politiker. Das Stipendiensystem der Landesregierung sei nicht einmal im Ansatz ausreichend. Zehn Stipendien für die Ausbildung von Hausärzten sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn jetzt schon über 100 Hausärzte fehlen, unterstreicht Koppe.
Auch der Vorschlag, den Ärztemangel im ländlichen Bereich durch mehr Gemeindeschwestern auszugleichen, könne lediglich kurzfristig Entlastung bringen, so Koppe. Er verlangt, die Niederlassung von Ärzten in Thüringen zu fördern, jungen Medizinern müssten nach ihrem Studium bessere Berufschancen geboten werden. Er wiederholte auch seinen Vorschlag nach Bildung einer Task Force Ärztemangel in Thüringen. Hier müssten das zuständige Gesundheitsministerium, Krankenkassen, Kassenärztliche Vereinigung und Krankenhäuser an einen Tisch.
In den kommenden Jahren werde sich das Problem allerdings noch weiter verschärfen. Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland (ZI) hatte in seiner am 5. Mai präsentierten Studie für das Jahr 2025 einen Bedarf in Thüringen von 1566 Hausarzt- und 1599 Facharztstellen ausgemacht. Um für ausscheidende Ärzte genügend Nachfolger zu finden und um den Mehrbedarf zu decken der sich aus der steigenden Anzahl älterer Menschen ergibt müsste die Anzahl jährlich neu zuzulassender Hausärzte, im Vergleich zum Jahr 2008 in Thüringen um 53 Prozent steigen. Wie die Landesregierung mit dieser Situation umgehen will, ist auch Inhalt einer Kleinen Anfrage, die Koppe im Dezember gestellt hat. Der Ärztemangel ist jetzt schon Realität. Wenn nicht bald gehandelt wird, kann bald nicht mehr behandelt werden, so Koppe.
Dagegen nimmt SPD-Gesundheitsexperte Thomas Hartung die zuständige Gesundheitsministerin Heike Taubert, auch SPD, in Schutz. Thüringen befinde sich auf einem guten Weg, meint er. Und das, obwohl FDP-Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler die Rahmenbedingungen immer wieder erschwere, gestattet er sich noch einen kleinen parteipolitischen Seitenhieb. Das oft gescholtene Stipendiensystem für Ärzte im Praktikum sei ein erfolgreicher Anfang, so Hartung. Er verlangte, das bisherige System tabulos auf den Prüfstand zu stellen. Dabei müsse auch die Frage erörtert werden, ob es Möglichkeiten gebe, die ärztliche Versorgung in Thüringen mit den verfügbaren Ärzten ohne Qualitätsverlust sicherzustellen, so Hartung.
Domrös, der Chef der Ersatzkassenverbände, schätzt die Lage als nicht so dramatisch ein, warnt davor, in Panik zu verfallen und wirbt um konstruktive Lösungen. Durch eine Konzentration auf leistungsfähigere Einheiten könnten bis zu 80 Arztstellen ohne Qualitätsverlust eingespart werden, sagt er. Dieses freigesetzte Potenzial könnte dann umgewidmet werden, sagt er. Aber dieser Vorschlag, so Domrös bedauernd, sei insbesondere von der Landeskrankenhausgesellschaft abgelehnt worden. Der Ersatzkassenchef weist auch darauf hin, dass die Zahl der an Krankenhäusern tätigen Ärzte seit 2000 kontinuierlich gestiegen sei, von seinerzeit 3258 auf 4003 im Jahr 2009.